KATHARINA SIEVERDING | TESTCUTS I | 2010 | © IKS-MEDIENARCHIV / DIRK ROSE
KATHARINA SIEVERDING | TESTCUTS I | 2010
© IKS-MEDIENARCHIV / DIRK ROSEi

Fallstudie 4: Katharina Sieverding, Testcuts I

im Rahmen der Quadriennale 2010 für die Ausstellung 'Projected Data Images. Testcuts'

Typ

Fallstudie

Datum

13.10.2010

Die vierte Fallstudie beschäftigt sich mit der Installation Testcuts I von Katharina Sieverding, die im Rahmen der Quadriennale 2010 von der Künstlerin für die Ausstellung Projected Data Images. Testcuts im imai konzipiert und realisiert wurde. Es wurde den Fragen nachgegangen, wie eine solche digitale 8-Kanal-Projektion, die für einen spezifischen Ausstellungsraum entstanden war, erstens angemessen dokumentiert und zweitens in anderen Ausstellungsräume gezeigt werden kann.

Werkbeschreibung

Im Ausstellungsraum werfen acht Projektoren schwarz-weiße Bildmontagen an die umliegenden drei Wände, so dass sich ein wandhoher, umlaufender Fries der acht aneinandergereihten Bildprojektionen ergibt. Jede einzelne der acht Bildmontage setzt sich aus drei gleichgroßen, nebeneinander vertikal ausgerichteten Bildstreifen zusammen, die auf sogenannten Teststreifen, Nebenprodukten des analogen fotografischen Vergrößerungsprozesses, basieren. Katharina Sieverding hat für Testcuts I ihr über 40 Jahre gesammeltes, privates Fotoarchiv benutzt und Teststreifen von 1740 Archivfotos ausgewählt, um sie mittels Dreierkonstellationen in 580 Bildmontagen zusammenzufügen.
Auf jedem der acht Projektoren ist dieselbe Datei mit 580 einzelnen Bildmontagen gespeichert. Eine Bildmontage wird 15 Sekunden gezeigt und wechselt dann zur nächsten. Dabei ist die Reihenfolge der einzelnen Bildprojektionen lediglich bei einem Projektor chronologisch sortiert. Alle anderen sieben Projektionen werden über ein Zufallsprogramm geregelt. Aus diesem Grund ist von einer 8-kanaligen Installation zu sprechen, weil trotz desselben visuellen Bildmaterials eine jeweils individuelle Zuspielung über den Projektor erfolgt.

Die Installation läuft ohne Ton und kann sehr viele Variationen zeigen; genau berechnet, könnten sich im Projektionsfries 5808 Bildvariationen ergeben. Der Betrachter kann sich im Raum umherbewegen und seinen Standort frei wählen.

Zielsetzung

Ein Kunstwerk wie Testcuts I besteht nicht nur aus den digitalen Daten, die zur Bildprojektion dienen, sondern in gleichem Maße auch aus installativen Komponenten, wie den räumlichen Begebenheiten und der technischen Ausstattung. Testcuts I stellt den immer häufiger auftretenden Fall eines Kunstwerkes dar, dessen visuelle Elemente durch ein Minimum an materieller Substanz – hier in Form der benötigten digitalen Bilddateien – übermittelt werden können, deren Inszenierung aber ein technisch komplexes, raumbezogenes System ist.

Von Anfang an stand fest, dass die Installation Testcuts I fürs erste nur während der Ausstellungsdauer im imai eine plastische und physisch erfahrbare Umsetzung erhalten würde. Nach dem Ausstellungsende blieb ausschließlich die materielle Basis des Werkes, die entsprechenden Bilddateien, erhalten. Aus diesem Anlass wurde während der Ausstellungszeit von Testcuts I eine Dokumentation erstellt, in der die speziellen Erfordernisse von nur kurzfristig bestehenden, auf digitaler Speicher- und Präsentationstechnik basierenden Installationen angemessen berücksichtigt werden sollten. Es wurde der hypothetische Fall eines Ankaufs des Werkes durch eine museale Sammlung zugrunde gelegt, in dessen Folge nicht nur die Bilddateien langfristig zu archivieren waren, sondern auch die Parameter seiner zukünftigen Präsentationen in unterschiedlichen Räumlichkeiten zu definieren waren. Die Langzeitarchivierung digitaler Daten stand in der Fallstudie explizit nicht im Vordergrund. Vorrangig wurde die Frage behandelt, wie die installativen Bestandteile des Werkes gehandhabt werden könnten.

Ergebnis / Dokumentation

Um die Erstinstallation des Werkes festzuhalten, war es wichtig, zusätzlich zur dokumentarischen Erfassung der Bilddateien und verwendeten technischen Abspiel- und Präsentationsgeräte eine anschauliche Beschreibung der Projektionsinszenierung zu verfassen, in der generelle Anforderungen für zukünftige Präsentationen des Werkes formuliert wurden.
Für die Entwicklung der Dokumentationsstruktur waren die verschiedenen, in den vergangenen Jahren publizierten Dokumentationsmodelle äußerst hilfreich (z. B. Ergebnisse aus den Forschungsprojekte DOCAM, Inside Installations, Matters in Media Art).

Die für Testcuts I angefertigte Dokumentation gliedert sich in
  1. allgemeine Daten, die zur Identifikation des Werkes dienen
  2. eine Auflistung aller Informationen zum digitalen Bildmaterial des Werkes
  3. eine Formulierung der generellen Präsentationsanforderungen in Hinsicht auf zukünftige Präsentationen des Werkes
  4. eine umfassende Zusammenstellung aller spezifischen Details zur ersten Präsentation des Werkes im imai
  5. eine Zusammenfassung des Künstlerinterviews
  6. ein Verzeichnis über weiteres Dokumentationsmaterial wie schriftliche, fotografische und filmische Belege zum Werk sowie eigens erstellte Installationszeichnungen.

Die Fallstudie wurde unter Mitarbeit von Dipl.-Rest. Anna-Maria Virgin durchgeführt.

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