Fallstudie 5: Nan Hoover Light Composition
Typ
FallstudieDatum
18.11.2012Light Composition: Documenta 8 ist eine Komposition aus einer Lichtinstallation und einer darin stattfindenden Performance gewesen, die anschaulich die Konzentration Nan Hoovers auf die formgebenden Elemente Licht und Bewegung markierte, wie sie für ihre gesamte spätere Arbeit prägend ist. Dieses Werk stellt zudem eine im Oeuvre von Nan Hoover wesentliche Etappe dar, weil es ein erster internationaler Auftritt der Künstlerin war und dessen konzeptuelle Vorbereitung mit ihrem Eintritt als Professorin an der Kunstakademie Düsseldorf 1986 zeitlich zusammenfiel.
Nan Hoovers Lichtinstallation war während der gesamten documenta 8 in der Neuen Galerie aufgebaut, jedoch führte sie ihre Performance innerhalb des Lichtraumes vermutlich nur am Tag der Ausstellungseröffnung (am 21. August 1987) auf. Danach blieb der eingerichtete Lichtraum für das Publikum geöffnet. Im Archiv des imai befindet sich ein knapp dreiminütiger Videomitschnitt von Nan Hoovers Performance in Kassel. Er ist Teil einer Videodokumentation mit dem Titel DOCUMENTA 8 PERFORMANCE ACTION RITUAL, die von Elisabeth Jappe zusammengestellt wurde. Zu sehen ist die Künstlerin in einem gänzlich leeren Raum. Sie trägt weiße Kleidung und bewegt sich sehr ruhig und langsam durch den Raum. Auf die eigentlich weißen Wände sind rote Lichtprojektionen geworfen, die sich teilweise überschneiden und dadurch Verdichtungen und geometrische Muster an den Wänden erzeugen. Auch der Schatten von Nan Hoovers Silhouette wird – je nach ihrem Standpunkt im Raum – an den Wänden sichtbar. Ähnliche Schattenspiele entstehen, wenn sich Besucher durch den Raum bewegen.
Mit der Fallstudie sollte ermittelt werden, aus welchen Komponenten das Werk Light Composition: Documenta 8 bestand, wie es in Kassel materiell realisiert worden war und ob eine erneute Präsentation – nach dem Tod der Künstlerin – gelingen könnte. Es wurde der Versuch unternommen, mittels Recherchen in zahlreichen Archiven vor allem im Archiv der Kunstakademie Düsseldorf, das den schriftlichen Nachlass Nan Hoovers verwahrt – und mithilfe von Gesprächen mit Weggefährten und Zeitzeugen, genügend Informationen über Light Composition: Documenta 8 zusammenzutragen, um ggf. eine gesicherte Rekonstruktion des Werkes zu ermöglichen. Einerseits mussten die technischen Mittel, Arbeitsmaterialien und die räumlichen Dimensionen der Lichtinstallation geklärt werden, um ihren Nachbau in Erwägung ziehen zu können. Andererseits musste untersucht werden, in welchem konzeptuellen Verhältnis der Lichtraum und Nan Hoovers Performance standen. Kann die Lichtinstallation überhaupt als eigenständiger Werkteil aufgefasst werden, der ohne die Performance gezeigt werden darf? Und wenn nein, gibt es Wege, um die Performance der inzwischen verstorbenen Künstlerin als Werkkomponente zu ‚ersetzen‘ (z.B. durch eine Re-Inszenierung der Performance oder die Videodokumentation der Original-Performance)?
Obwohl eine Vielzahl von neuen Informationen über die Arbeitsweise Nan Hoovers und den Planungsverlauf des Werkes Light Composition: Documenta 8 ans Licht gebracht werden konnten, bleiben letztendlich doch zu viele Fragen hinsichtlich der technischen Ausstattung und des technischen Aufbaus der Lichtinstallation unbeantwortet. Nach unserem jetzigen Kenntnisstand ist keine authentische Rekonstruktion des Lichtraumes von Light Composition: Documenta 8 möglich, so dass wir uns gegen einen Nachbau entschieden haben. Wir sind jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass bei einem vertretbaren Wiederaufbau der Lichtinstallation das Zusammenspiel mit der Videodokumentation von Nan Hoovers Performance eine Präsentationsoption darstellen würde, die dem Konzept der Künstlerin durchaus entspräche.
Die Fallstudie wurde unter Mitarbeit von Dipl.-Rest. Fenna Yola Tykwer durchgeführt.